Ökotest-Bewertung von Frühstückscerealien unwissenschaftlich, willkürlich – ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen
Für Vollkornprodukte gelten wissenschaftlich begründet andere Acrylamid-Orientierungswert als sie Ökotest heranzieht
Acrylamid kann bei der Zubereitung – beim Backen, Braten, Rösten oder Frittieren – von kohlenhydratreichen Lebensmitteln entstehen. Es werden verschiedene Reaktionswege beschrieben, die zur Bildung von Acrylamid führen können. Die größte Bedeutung hat dabei die „Maillard-Reaktion“, bei der die freie Aminosäure Asparagin mit „reduzierenden Zuckern“, wie Maltose, Glukose oder Fruktose, reagiert. Die komplexen chemischen Prozesse, die auch bei der Zubereitung von Speisen zu Hause ablaufen, beeinflussen Geschmack, Textur und Geruch der Lebensmittel und sind durchaus gewünscht.
Produktfeuchte, Rösttemperaturen und -zeiten haben wesentlichen Einfluss auf die Bildung von Acrylamid. Dabei bieten die unterschiedlichen Verfahren zur Herstellung von Flakes unterschiedliche prozesstechnische Möglichkeiten, um die unerwünschte Bildung von Acrylamid zu steuern. Die Herstellungsverfahren für die unterschiedlichen Cerealien-Produkte lassen sich nicht einfach austauschen und auch nicht miteinander vergleichen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die unterschiedlichen Getreidearten von Natur aus unterschiedlich hohe Gehalte an freiem Asparagin aufweisen. So enthält Reis bis zu 20 mg, Mais bis zu 95 mg, Weizen bis zu 490 mg und Gerste bis zu 820 mg Asparagin pro kg.
Gerade Vollkornerzeugnisse weisen hohe Asparagingehalte auf, weil sich die Aminosäure Asparagin vor allem in den Randschichten des Korns befindet. Dieser Umstand spiegelt sich auch in den von der EU festgelegten Richtwerten für Acrylamid wider. Für Frühstückscerealien auf Maisbasis gilt ein Richtwert von 150 µg/kg, für Getreideerzeugnisse auf Vollkornbasis ein Richtwert von 300 µg/kg. Der höhere Richtwert für Vollkornprodukte findet bei der Bewertung von Ökotest keine Berücksichtigung, obwohl dieser wissenschaftlich begründet ist.
Damit schneiden etwa ein Drittel der Vollkornprodukte im Ökotest ausreichend oder sogar noch schlechter ab. Dabei erfüllen alle untersuchten Produkte die hohen Anforderungen die an die Lebensmittelsicherheit gestellt werden, sie sind gesund und sicher – nur Ökotest braucht Verlierer. Am Ende verlieren aber die Verbraucher*innen, die solchen Tests verunsichert Glauben schenken. Dabei ist gerade der Verzehr von Vollkornprodukten wegen ihres hohen Ballaststoffgehalts besonders erwünscht.
Ökotest bewertet Mykotoxingehalte nicht auf der Grundlage gesetzlicher Höchst- und Richtwerte sondern strickt an eigenen Systemen
Ein weiteres Beispiel für die Willkür der „Ökotests“ ist die Bewertung von Mykotoxingehalten in Lebensmitteln anhand des TDI (tolerable daily intake). Dabei ist der TDI, ein Wert zur Beurteilung von Langzeitwirkungen eines Stoffes, zur Beurteilung punktueller Untersuchungsergebnisse ungeeignet. Ökotest nutzt den TDI aber gern, um Testergebnisse mit einem eigenen Bewertungssystem und der „Ausschöpfung“ des TDI-Wertes zu steuern. Mit der Festlegung von Höchstgehalten und Richtwerten für Mykotoxine wie T2 HT2 oder DON stellt die europäische Kontaminantenverordnung sicher, dass Lebensmittel aus Getreide sicher sind. Dabei werden die Werte jeweils so gewählt, dass die empfindlichsten Gruppen, wie zum Beispiel Kinder, gut geschützt sind. In die Berechnung von Höchstgehalten und Richtwerten fließt der TDI neben anderen Größen wie der Verzehrhäufigkeit oder die Portionsgröße mit ein. Eine seriöse Bewertung von Lebensmitteln bezieht sich auf die gesetzlich vorgegebenen Werte.
Mineralölbestandteile vermeiden, Verpackungsaufwand reduzieren: komplexe Anforderungen erfordern komplexe Antworten
Zur Abwertung im Ökotest führen auch die überall in der Umwelt vorkommenden Mineralölbestandteile. Drastische Abzüge sieht das Magazin auch hier für Werte vor, die deutlich unter denen liegen, die von den Behörden in Deutschland als Maßstab für die Beherrschung des komplexen Themas angelegt werden. Der gültige Orientierungswert für MOSH liegt bei 6 mg/kg. Bei Ökotest werden Produkte mit MOSH-Werten über 4 mg/kg bereits drastisch um vier Noten abgewertet. Übrigens galten bei anderen Tests schon durchaus andere Grenzen. Die Ökotest-Kriterien sind auch hier willkürlich.
Da Mineralölbestandteile oftmals bei Transport oder Lagerung den Weg über die Umgebungsluft in die Lebensmittel finden, füllen manche Hersteller ihre Produkte in Innenbeutel, die im Karton als Barrieren fungieren. Sie können nicht nur die Migration von Mineralölbestandteilen verhindern, sondern sorgen auch dafür, dass die Cerealien nicht feucht werden. Produkte im Karton sind geschützt vor Bruch, lassen sich gut stapeln und brauchen keine weitere Umverpackung für den Transport. Was auf den ersten Blick nach viel Aufwand aussieht, spart auf den zweiten Blick Verpackungsmaterial an anderer Stelle. Aber natürlich gibt es auch andere Verpackungskonzepte. Welches das jeweils sinnvollste ist, ist individuell und lässt sich nicht abschließend beurteilen.
Aber auch hier macht sich Ökotest die Welt wie es dem Magazin gefällt, die Verwendung von Innenbeuteln wird kritisiert, Zielkonflikte, komplexe Anforderungen, Lösungsalternativen, alles diese wird ausgeblendet. Auch hier trägt Ökotest nicht zur Aufklärung bei. Schade!
Zum Download:
VGMS-Pressemitteilung Ökotest Frühstückscerealien