Nachgefragt bei Joachim Kuhlmann - Wie bekommen die Mühlen in Zukunft die richtige Weizenqualität?
VGMS: Die Hedwigsburger Okermühle bezieht ihren Weizen vom Erzeuger direkt. Inwiefern sind Sie von den Änderungen der Bewertung von Protein in der Bundessortenliste betroffen?
Joachim Kuhlmann: Bisher hat uns die Sortenliste nur dahingehend interessiert, wie die Eigenschaften der einzelnen Sorten bewertet sind. Dabei ist die Einstufung nach E-, A-, B- oder C-Sorte, für unsere qualitative Bewertung unbedeutend. Deshalb trifft uns die Veränderung der Bewertung von Protein nur am Rande. Bereits in der Vergangenheit haben wir die qualitative Eiweißbewertung ausschließlich über die Feuchtklebergehalte vorgenommen.
Sie geben Ihren Lieferanten eine Auswahl an Weizensorten vor, aus denen diese ihren jeweiligen Anbaumix zusammenstellen. So stellen Sie sicher, die Backqualitäten zu erhalten, die Sie benötigen. Ein Modell auch für Ihre Kollegen? Und wie bekommen wir den Erfassungshandel mit ins Boot?
Hier sind meines Erachtens in erster Linie die Verarbeiter gefordert, sich zunehmend mehr mit der unterschiedlichen Funktionalität der einzelnen Weizensorten zu beschäftigen. Dies geschieht bis dato zu wenig. Ich stelle immer wieder fest, dass Mühlen oft nicht die ausreichenden Sortenkenntnisse besitzen. Interessant wäre beispielsweise, im Einkaufskontrakt nicht mehr den Rohprotein-Wert, sondern eine entsprechende Weizensorte vorzugegeben. Ob Landwirte oder Erfassungshandel sich aktuell darauf einlassen, ist fraglich.
Ein Blick in die Glaskugel: Wie funktioniert Ihrer Meinung nach die Sortenauswahl in der Branche in zehn Jahren?
Die Punkte Lebensmittelsicherheit, Klimaschutz, Stickstoffreduktion etc. werden sicherlich einen immer größeren Platz in unserer Gesellschaft einnehmen. Deshalb muss die Funktionalität von Weizensorten immer mehr in den Vordergrund rücken. Ich glaube daran: In zehn Jahren wird der Vertragsanbau die Zukunft sichern.